Die Entwicklung des IMPECT-Features für Standardsituationen
Wir alle wissen, dass Standardsituationen ein integraler Bestandteil des Fußballs sind. Doch schätzen wir sie tatsächlich so, wie wir es sollten, angesichts ihres Beitrags zur Anzahl der Tore in jedem einzelnen Spiel? Das fragte sich Ralf Rangnick selbst und kam zu der Schlussfolgerung:
„Wenn 30 % der Tore nach Standardsituationen erzielt werden, wie viel Prozent unserer Trainingszeit sollten wir in Standards investieren? 30 %!“ – Ralf Rangnick.
Dieses Zitat von Ralf Rangnick zeigt treffend die wachsende Bedeutung von Standardsituationen im modernen Fußball. Es ist ein entscheidendes Element, das oft über den Erfolg einer gesamten Saison entscheiden kann. Ein Verein, der diese Philosophie in der Bundesliga-Saison 2023/2024 wirklich verkörperte, war Borussia Mönchengladbach. Mit 15 Toren nach Ecken führten sie die Bundesliga in dieser wichtigen Kategorie an und zeigten, wie man aus Standardsituationen entscheidende Momente kreieren kann.
Die Entstehung unseres neuen Ansatzes für Standardsituationen
Unsere Reise, um die Leistung bei Standardsituationen zu verstehen und zu quantifizieren, begann mit einer einfachen Frage: Wenn – laut unseren Daten – 20 % aller Tore bei Standardsituationen erzielt werden, warum investieren dann nicht mehr Teams signifikant in diesen Bereich, und warum gibt es keine bestehenden und gut etablierten Frameworks und Konzepte für Standardsituationen? Angetrieben von dieser Frage haben wir beschlossen, einen datengetriebenen Ansatz zu entwickeln, der ein besseres Verständnis dafür bietet, wie Teams Standards wahrnehmen und umsetzen.
Feedback, Frustrationen und eine neue Richtung
Wir begannen damit, Feedback von einigen unserer Kunden einzuholen und zu fragen, wie sie Standardsituationen und deren Wichtigkeit einschätzen. Die Antwort war eindeutig: Standards wurden als entscheidend angesehen, doch nur wenige Teams hatten eine strukturierte Möglichkeit, sie zu analysieren. Unser erster Versuch, dieses Problem anzugehen, bestand darin, das Spielfeld in traditionelle Quadranten zu unterteilen und visuelle Tests durchzuführen, um zu prüfen, ob diese zu unseren Zielzonen passen. Die Ergebnisse waren jedoch enttäuschend und entsprachen nicht den empirischen Daten, die wir gesammelt hatten.
Verteilung der Ecken-Quadranten Zonen
Verteilung der Freistoß-Quadranten Zonen
Da uns klar wurde, dass unser erster Ansatz unzureichend war, wussten wir, dass es Zeit war, neu zu denken und zu innovieren. Wir mussten tiefer eintauchen und eine Methode entwickeln, die die Feinheiten der Umsetzung von Standardsituationen wirklich erfasst.
Die Entwicklung unserer Analyse von Standardsituationen
Schritt 1: Neudefinition der Spielfeldzonen
Anstatt beim klassischen Quadrantenmodell zu bleiben, haben wir das Spielfeld mit Zonen neu definiert, die sich nach Winkeln und Distanzen zum Tor richten. Dies ermöglichte es uns, realistische Kreuzverteilungen zu erfassen und tatsächliche Spielsituationen besser abzubilden. Unsere zweite Runde der visuellen Tests fiel wesentlich zufriedenstellender aus, stimmte gut mit den Daten überein und lieferte uns eine solide Grundlage.
Verteilung der Ecken-Zonen (IMPECT)
Verteilung der Freistoß-Zonen (IMPECT)
Schritt 2: Definition der Ausführungsarten
Wir kategorisierten verschiedene Ausführungsarten von Standardsituationen, um ihre unterschiedlichen Auswirkungen zu verstehen:
- Flanke zum kurzen Pfosten
- Zentrale Flanke
- Flanke zum langen Pfosten
- Ballbesitz
- Variante
- Torschuss
Diese Typen fassen alle Kategorien zusammen, die wir anhand von Attributen identifizieren konnten, die im Zentrum unserer Eventdaten stehen. Hierbei berücksichtigen wir Faktoren wie Ballhöhe, Position auf dem Spielfeld, Druck, Passwinkel und viele mehr.
Schritt 3: Entwicklung weiterer Attribute
Um noch mehr Tiefe zu erreichen, haben wir jeder Standardsituation bestimmte Flags zugewiesen, um zwischen verschiedenen Aspekten zu unterscheiden:
- Direkte vs. indirekte Ausführungen
- Techniken wie Weiterleiten & Knock-Down
- Mehrfache Ausführungen
- Erster/Zweiter Ball gewonnen/verloren
Schritt 4: Nutzung von IMPECT-Metriken
Wir integrierten unsere bestehenden IMPECT-Metriken wie “überspielte Gegner und Verteidiger”, um zusätzlichen Kontext zu liefern und die Effektivität jedes Typs zu quantifizieren. Diese Metriken beinhalten auch unsere eigenen xG- und Ballbesitz-Wert-Modelle.
Screenshot im Portal: PxT nach Endzone für Freistöße für BMG
Schritt 5: Generierung von spiel verändernden Erkenntnissen
Mit all diesen Daten haben wir begonnen, Erkenntnisse zu generieren, die direkt zu Coaching-Entscheidungen beitragen können. Fragen wie „WIE VIELE ECKEN HABEN SIE KURZ AUSGEFÜHRT?“ oder „WER IST DER EFFEKTIVSTE ZIELSPIELER?“ können nun präzise beantwortet werden.
Screenshot im Portal- Zielspieler & Position bei Ecken für BMG
Ein genauerer Blick auf die Strategie von Borussia Mönchengladbach
Schauen wir uns nun Borussia Mönchengladbach an. In der Bundesliga-Saison 23/24 war ihr Erfolg bei Standardsituationen kein Zufall; es war das Ergebnis wiederholter Fokussierung auf wirkungsvolle Zonen. Die Schlüsselzonen bei den Ecken waren:
- Kurzer Pfosten weit (39 Aktionen)
- Zentral weit (32 Aktionen)
- Langer Pfosten weit (19 Aktionen)
Diese IMPECT-Zonen erwiesen sich als goldrichtig und schufen immer wieder Torchancen, die verdeutlichen, warum gezielte Standardstrategien so wertvoll sind. Wenn Gladbach seine Ecken in diese Zonen spielte, folgte oft ein Tor.
Fazit: Standardsituationen als Gewinnstrategie nutzen
In einem Spiel, in dem es oft auf kleinste Unterschiede ankommt, sind Standardsituationen ein mächtiges Werkzeug, das den Ausgang eines Spiels bestimmen kann. Trotz ihres erheblichen Beitrags zu den Toren haben viele Teams diese Chancen historisch unterbewertet oder ungenutzt gelassen. Unsere Analyse der Standardsituationen, inspiriert von Pionieren wie Ralf Rangnick und Teams wie Borussia Mönchengladbach, zeigt, wie entscheidend Standards sein können, wenn sie strategisch genutzt werden.
Durch eine Kombination aus innovativer, datenbasierter Analyse, neu definierten Spielfeldzonen und einem tieferen Verständnis der Ausführungsarten haben wir Erkenntnisse gewonnen, die eine neue Sichtweise auf Standardsituationen ermöglichen. Die Integration von IMPECT-Metriken, zusammen mit umfassenden Eventdaten, erlaubt es uns nun, die Effektivität von Standardstrategien so genau wie nie zuvor zu quantifizieren. Dieser Ansatz geht über bloße Beobachtung hinaus und bietet Teams umsetzbare Einblicke, wie sie ihre Erfolgschancen aus Standardsituationen maximieren und die Tendenzen ihrer nächsten Gegner erkennen können.
Ob Trainer, Analyst oder Spieler – diese Einblicke helfen, die entscheidenden Standardsituationen in gewinnbringende Momente zu verwandeln. Bleiben Sie dran, während wir diese spannende Reise der Innovation in der Analyse von Standardsituationen weiterentwickeln und teilen.